Zielgerichtete Ergotherapie für größtmögliche Selbstständigkeit
Die Arbeit der Ergotherapie zielt darauf ab, den betroffenen Personen wichtige Alltags-Aktivitäten zu ermöglichen – im Kindergarten, in Schule und Beruf oder in der Freizeit.
Dafür erarbeiten unsere Ergotherapeutinnen gemeinsam mit den Patienten und Patientinnen und deren Angehörigen individuelle Lösungen, um Handlungsfähigkeit im Alltag und damit die Teilhabe am Leben entwickeln, wiedererlangen oder erhalten zu können.
Der Schlüssel zu einer individuellen und zielorientierten Therapie ist die ergotherapeutische Diagnostik. Die anschließende ergotherapeutische Behandlung kann je nach Bedürfnislage auch weitere, spezielle Verfahren beinhalten:
Biofeedback – Gerätegestützte Therapie – Tiergestützte Therapie
Ergotherapeutische Diagnostik als unentbehrliche Grundlage für eine zielorientierte Therapie
Die ergotherapeutische Bestandsaufnahme dient dazu, die Fähigkeiten und Probleme der Betroffenen zu erfassen, Zusammenhänge zu verstehen, und daraus Ziele und Behandlungsinhalte abzuleiten.
Für die Diagnostik der Fähigkeiten und Probleme in den Bereichen Motorik, Kognition und Perzeption kommen standardisierte Testverfahren, Assessments und Arbeitsproben zum Einsatz. Neben der ergotherapeutischen Bestandsaufnahme der motorischen, sensorischen und kognitiven Ressourcen ist es von größter Bedeutung zu erfassen, welche Probleme im Alltag bestehen, und gemeinsam nach Lösungen dafür zu suchen.
Beobachtungen in Alltags- und Spiel-Situationen ermöglichen uns, die individuellen Kompetenzen zu erkennen und so zu entscheiden, auf welcher Grundlage die Therapie aufbauen kann.
Regelmäßig versuchen wir über die Erprobung von Hilfsmitteln effektivere Alltagshilfen zur Verfügung zu stellen. Für spezielle Versorgungen arbeiten wir dabei mit externen Hilfsmittelanbietern zusammen.
Auch bei ADHS helfen uns verschiedene Tests und Arbeitsproben, um Entscheidungen für eine individuelle Medikation und andere therapeutische Interventionen zu treffen.
Schwerpunkte der Therapie
Die ergotherapeutische Behandlung in der Kinderklinik Schömberg umfasst ein sehr breites Spektrum an Therapieoptionen. Wir behandeln überwiegend in Einzeltherapie und richten uns immer nach den individuellen Zielen und Möglichkeiten der einzelnen Patienten und Patientinnen und ihrer Angehörigen.
Die ergotherapeutische Behandlung im motorischen Bereich kann auf die Verbesserung der Bewegungsabläufe (Körpermotorik, Feinmotorik) und der Koordination sowie die Tonusregulation ausgerichtet sein. Die Behandlung erfolgt dabei nach den Prinzipien des Bobath-Konzepts.
Die Entwicklung und Verbesserung von sensomotorischen und kognitiven Fähigkeiten erreichen wir durch Training der Koordination und Integration von Sinneswahrnehmungen. Auch zur Verbesserung von Konzentration, Ausdauer, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Orientierung setzen wir spezielle Therapiemethoden ein.
Wir bearbeiten Schwierigkeiten beim Durchführen und Kontrollieren von Handlungen in verschiedenen Lebensbereichen. Die Entwicklung und Verbesserung von sozio-emotionalen Fähigkeiten, unter anderem in den Bereichen der emotionalen Steuerung, der Affekte, der Motivation oder der Kommunikation sind uns besonders wichtig. Sofern Probleme mit der Kommunikation vorliegen, erproben wir Kommunikationsgeräte in Zusammenarbeit mit verschiedenen Firmen für elektronische Hilfsmittel und anderen Fachbereichen der Klinik.
Bei Bedarf werden Alltagshilfen angepasst und erprobt. Hier greifen wir auch auf die Erfahrung externer Dienstleister zurück.
Die Versorgung mit Orthesen erfolgt unter verschiedenen Zielsetzungen: Lagerungsorthesen sind Schienen zum Erhalt der Gelenkbeweglichkeit oder von Funktionsstellungen. Funktionsorthesen schienen den Arm oder die Hand nicht nur, sondern sie dienen der Verbesserung von Bewegungsabläufen.
Lagerungsorthesen passen die Ergotherapeutinnen direkt am Patientenbett mit thermoplastischem Material oder Kunststoffgips an. Sie sind bei Bedarf daher direkt verfügbar und dienen der Kontrakturprophlaxe oder der Tonusregulation.
Für die Versorgung mit speziellen funktionsverbessernden Hand- oder Ellenbogenorthesen oder Schienen aus anderen Materialien arbeiten wir mit Orthopädietechnikern von Sanitätshäusern zusammen. Elastische Werkstoffe oder Federgelenke ermöglichen Bewegungen wie Greifen oder Loslassen und erweitern damit die Hand- und Armfunktion.
So lange noch keine Einsteifung des Gelenks vorliegt, kann durch Gipsbehandlung und Seriengipse verlorengegangene Gelenkbeweglichkeit zurückgewonnen werden.
Diese zwei Therapiemethoden setzen wir bei erworbener, unilateraler Bewegungsstörung der oberen Extremitäten ein.
Bei Patienten und Patientinnen mit unilateraler Cerebralparese oder anderen einseitigen Bewegungsstörungen ist neben den funktionellen Einschränkungen in der Folge auch ein zusätzlicher Verlust an Fingerfertigkeit und Kraft verbunden. Dieser entsteht durch mangelnde Betätigung. Die dadurch zusätzlich entstehenden Probleme lassen sich durch Übungen mit der betroffenen Hand vermeiden.
Mit der Spiegeltherapie kann begonnen werden, wenn kaum aktive Bewegungen möglich sind, bei einer CIMT-Behandlung sind diese allerdings bereits vorausgesetzt.
Die Auswahl der entsprechenden Therapiemethode nehmen wir jeweils entsprechend der Befunderhebung vor.
Biofeedback – mit dem eigenen Körper kommunizieren
Biofeedback ist ein Verfahren, bei dem eigene Körpersignale durch Computereinsatz zurückgemeldet werden. So kann gelernt werden, diese Körperfunktionen zu beeinflussen.
Ziel einer Biofeedback-Behandlung ist die gezielte Wahrnehmung und Beeinflussung körperlicher Prozesse. Durch das Training kann der Patient/die Patientin mithilfe der dargestellten Prozesse erkennen, welchen Einfluss diese auf die eigene Motorik, Atmung oder Entspannung haben, und wie sich diese positiv verändern lassen. Dazu werden die Biosignale, zum Beispiel Muskelspannung, Atmung, Hautleitwert oder Durchblutung,mithilfe von Elektroden oder Sensoren an der Haut aufgenommen, über Funk an einen Computer gesendet und dort mit einer speziellen Software visuell oder akustisch dargestellt. Die Aufgabe besteht nun darin, die optisch oder akustisch dargestellten Ergebnisse zu beeinflussen und zu modulieren.
Gerätegestützte Therapie ermöglicht gezieltes motorisches Lernen
Durch den Einsatz von Geräten kann bei Einschränkungen der motorischen Fähigkeiten gezielte Handlung und Aktivität wieder oder erstmals ermöglicht werden.
Die Einsatzbereiche von Geräten in der Ergotherapie sind vielfältig. Schwerpunkte in unserer Arbeit in der Kinderklinik Schömberg sind:
Arm-/Hand-Training
Dieses Training führen wir mit dem ArmeoSenso von Hocoma und dem Mindmotion Go vom Mindmaze sowie dem Smart Glove von Neofect durch. Die Geräte bieten aufgrund ihres hohen Aufforderungscharakters eine Vielzahl von interessanten Möglichkeiten, mit denen sich sensomotorische Fähigkeiten trainieren und verbessern lassen, um funktionelle Ziele zu erreichen. Zudem lassen sich damit auch Verlaufs- und Erfolgsdokumentationen erstellen.
Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht
Mit dem Motomed Armtrainer können Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer von Schulter und Arm trainiert werden. Wenn Gewichtsentlastung zum Training schwacher oder schmerzhafter Muskulatur erforderlich ist, kommen verschiedene Help-Arme zum Einsatz. Mit dem BalensoSenso können Gleichgewicht und Koordination geübt werden.
Bedienung von Tablet oder PC
Beim Training mit einem Tablet oder PC mit Touchscreen kann eine Berührung einen Effekt auslösen oder ein Sensor oder eine angepasste Maus das Lernen oder die Kommunikation ermöglichen. Wir erproben zusammen mit den Patienten und den Eltern Hilfsmittel für die PC- oder Tablet-Bedienung, um so die Teilhabe am digitalen Alltag zu ermöglichen.
Augensteuerung
Mit dem Gaze Viewer von Tobii ermöglichen wir die PC-Ansteuerung mit den Augen und damit die unterstützte Kommunikation.
Elektrostimulation
Muskelstimulation wird je nach Problemstellung zur Detonisierung oder Tonisierung der Muskulatur oder zur Verbesserung des Muskelgefühls, der Wahrnehmung und der Zirkulation eingesetzt. Mithilfe von elektrischen Reizen lösen wir dabei gezielte Muskelkontraktionen aus. Werden diese so koordiniert, dass eine Funktion unterstützt wird, spricht man von funktioneller Elektrostimulation. Oft geht es darum, unzureichend versorgte Muskeln zu aktivieren und zu versuchen diese besser einzubinden.
Tiergestützte Therapie wird erfolgreich für vielfältige Ziele eingesetzt
Die tiergestützte Therapie ist eine zielgerichtete Intervention bei verschiedenen Indikationen. Der Kontakt zum Tier dient der Verbesserung der physischen und motorischen, sozialen, emotionalen und/oder kognitiven Fähigkeiten eines Menschen und wird in verschiedenen Settings, in Form von Gruppen- oder Einzelbehandlungen angeboten.
Das Tier nimmt hierbei eine Brücken-Funktion ein und motiviert die Betroffenen eine bestimmte Handlung zu übernehmen. Das kann beispielsweise die Fellpflege oder die Zubereitung und Darreichung der Nahrung sein. Zum Beispiel werden gezielt Hände geöffnet, um Leckerlis zu füttern.
Auch Gehstrecken können reizvoll gesteigert werden, und die Bewältigung von Parcoursaufgaben fördert die Koordinationsfähigkeit der Patienten und Patientinnen. Das Zusammenspiel mit dem Tier wird dabei zur Konzentrationsaufgabe.
Der Hund wendet sich in der Kontaktaufnahme wertfrei dem Patienten zu und hilft bei der psychischen Stabilisierung durch Nähe, die Vertrauen und Geborgenheit vermittelt. Auch die Kindergartenkinder freuen sich, wenn der Hund regelmäßig zu Besuch kommt.
Unsere Therapiehündin Fanny ist geprüfter Therapiebegleithund mit zertifizierter Ausbildung (Canis Lupus Therapeuticus e.V.).
Kontakt
Tanja Mangelsdorf
Stationsverantwortliche Ergotherapeutin
Station B
E-Mail: ergotherapie@kiklisch.de